Blogartikel von Daniel Lewis und ShaLyse Walker mit Dr. Paula Palo
Seit Jahren ist bekannt, welche negativen Folgen das Rauchen herkömmlicher Zigaretten auf die Gesundheit von Mundschleimhaut, Zähnen und den gesamten Körper hat. Rauchen macht nicht nur süchtig, sondern begünstigt auch die Entstehung einer Vielzahl von Krebserkrankungen – darunter Zungen-, Mund- und Halskrebs sowie Lungenkrebs. Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde „Centers for Disease Control and Prevention“ (CDC) erhöht Rauchen das Krebsrisiko praktisch überall im Körper und kann unter anderem bei der Entstehung von Leber-, Magen-, Gebärmutterhals-, Blasen- und Darmkrebs eine Rolle spielen. Rund 30 % aller Krebstode weltweit können direkt auf Rauchen zurückgeführt werden.
Mit der Verfügbarkeit von Vapes und E-Zigaretten, die als „sicherere Alternativen“ vermarktet werden, stellt sich nun die Frage, ob die Konsumenten dieser Produkte tatsächlich weniger gravierende Schäden für ihre Gesundheit zu befürchten haben – und wenn ja, in welchem Ausmaß. Oder ist es besser, doch direkt aufzuhören?
Wir haben mit der Zahnärztin und Parodontologin Dr. Paula Palo über die lang- und kurzfristigen Vorteile eines Umstiegs auf Vapes/E-Zigaretten und über die Risiken insbesondere für die Mundgesundheit gesprochen.
Mit welchen Folgen für die Zähne muss man beim Konsum von Vapes und E-Zigaretten schon nach kurzer Zeit rechnen?
„Bei E-Zigaretten werden teilweise die gleichen giftigen Verbindungen freigesetzt wie bei herkömmlichen Zigaretten“, erklärt Dr. Paula Palo – obwohl erstere als die sicherere Alternative beworben werden. „Bei E-Zigaretten wird eine Flüssigkeit verdampft, die [neben den häufig zugesetzten Aromastoffen] Nikotin, Propylenglykol und Glyzerin enthält. Der Konsument inhaliert diesen Dampf und setzt dabei den Mund und dessen Mikrobiom den genannten Schadstoffen aus“, so Palo weiter.
„Wissenschafter der Tufts University in Massachusetts haben festgestellt1, dass die Substanzen, die bei E-Zigaretten/Vapes verdampft werden, häufig gesüßt sind, um den Geschmack zu verstärken. Auf den Zähnen bildet sich dann ein zuckriger, klebriger Film, der einen idealen Nährboden für Bakterien bildet.“
Dr. Irusa, die Autorin der Tufts-Studie1, verglich den Konsum von Vapes und E-Zigaretten damit, „vor dem Zubettgehen noch einen Lolli zu lutschen“.
Auch wenn Studien zu den potenziellen Risiken von Vapes und E-Zigaretten rar gesät sind und die Datenlage mager ist, deuten einige Forschungsarbeiten auf mögliche Zusammenhänge mit dem vermehrten Auftreten von Karies und Parodontalerkrankungen hin.
„Zahlreiche Fallberichte2,3 belegen Läsionen und Geschwüre in der Mundschleimhaut oder auf der Zunge bei Patienten, die E-Zigaretten nutzen“, erläutert Dr. Palo. „Zudem gibt es mehrere Fälle von Kiefer- und Gesichtsverletzungen, die mit explodierenden E Zigaretten in Zusammenhang stehen, darunter Verbrennungen im Mund und Kieferbrüche. Aber auch wenn diese Verletzungen Aufsehen erregen, lassen sie sich wahrscheinlich vermeiden, wenn bei der Herstellung Qualitätsstandards eingehalten werden.“ׅ
In mehreren anderen Studien4, die allerdings nicht explizit auf die Beurteilung der Mundgesundheit abzielten, wurde bei Personen, die Vapes und E-Zigaretten konsumieren, häufig eine trockene Mundschleimhaut und ein gereizter Rachen beobachtet. Beides kann das Kariesrisiko erhöhen. „In einer systematischen Auswertung von elf Studien4,5, in denen E-Zigaretten als potenzielle Hilfsmittel bei der Raucherentwöhnung untersucht wurden, waren Husten oder Reizungen im Mund- und Rachenraum die häufigsten berichteten unerwünschten Ereignisse. Sie traten bei bis zu 39 % der Teilnehmer auf“, so Dr. Palo. „Das passt zu einer telefonischen Befragung in den USA, bei der Husten (40 %) und ein trockener oder gereizter Mund bzw. Rachen (31 %) zu den häufigsten von sechs erfassten Symptomen bei erwachsenen E-Zigaretten-Nutzern zählten.“
In den USA wurden bei Jugendlichen unter 18 Jahren, die sowohl herkömmliche Zigaretten als auch E-Zigaretten konsumierten, mehr zahnmedizinische Probleme beobachtet als bei Nichtrauchern. Bei Erwachsenen kam dieselbe Studie zu dem Ergebnis, dass tägliche Nutzer von Nikotin-Vapes oder E-Zigaretten mit einer höheren Wahrscheinlichkeit die Entfernung eines Zahns aufgrund einer Zahnfleischerkrankung oder Karies meldeten als Personen, die keinerlei Nikotinprodukte konsumierten. In Südkorea ist das Risiko für Parodontalerkrankungen bei Konsumenten von E-Zigaretten, Vapes und herkömmlichen Zigaretten ungefähr doppelt so hoch wie bei Nicht-Konsumenten.
„In mehreren Studien6–11 wurden zudem die Auswirkungen von Vapes und E-Zigaretten auf parodontale Parameter untersucht. Dabei wurden im Vergleich zu Nichtrauchern erhöhte Plaqueindexwerte und ein Rückgang des marginalen Knochens beobachtet“, erklärt Dr. Palo weiter.
Raucher herkömmlicher Zigaretten sollten also wachsam bleiben und sich nicht der Illusion hingeben, dass Vapes oder E-Zigaretten nicht mit Gefahren für die Gesundheit verbunden sind. Neben den vielen Metallen im Aerosol, dem Potenzial für Verletzungen durch Explosionen und dem Krebsrisiko wurden Vapes in den USA mit zahlreichen Fällen schwerer Lungenerkrankungen in Verbindung gebracht.
Welche langfristigen Auswirkungen hat der Konsum von Vapes und E-Zigaretten?
Zu den langfristigen Auswirkungen von Vapes und E-Zigaretten auf die Gesundheit gibt es derzeit nicht genug Langzeitstudien, um die Risiken richtig beurteilen zu können – insbesondere, weil es hier vermutlich in erster Linie um Risiken für chronische Erkrankungen geht, die sich über eine längere Zeit entwickeln. E-Zigaretten und Vapes erfreuen sich jedoch erst seit etwa fünf bis zehn Jahren nennenswerter Beliebtheit. Darüber hinaus sind viele erwachsene Konsumenten von E-Zigaretten und Nikotin-Vapes ehemalige Raucher, sodass es schwierig ist, die negativen Auswirkungen der neuen Produkte von denen herkömmlicher Zigaretten abzugrenzen.
Allerdings betont Dr. Palo, dass „die systemischen Auswirkungen von E-Zigaretten auf die Gesundheit noch erforscht und diskutiert werden. Es ist weithin akzeptiert, dass bei E-Zigaretten weniger Schadstoffe freigesetzt werden als bei herkömmlichem Tabak, obwohl in mehreren Studien und Übersichtsarbeiten mögliche langfristige Schädigungen des Herz-Kreislauf-Systems und der Atemwege festgestellt wurden.“ So gebe es insbesondere Bedenken hinsichtlich der potenziellen Schäden von E-Zigaretten und Vapes für das sich noch entwickelnde jugendliche Gehirn. „Der Surgeon General (Sanitätsinspekteur der Vereinigten Staaten) pocht hier auf mehr Forschung.“
Allerdings gibt es eindeutige Belege für die langfristigen Schäden von Nikotinkonsum und Nikotinsucht, besonders bei jungen Menschen. Bei Jugendlichen kann chronischer Nikotinkonsum die Gehirnentwicklung beeinflussen und auf lange Sicht kognitive Probleme und Verhaltensstörungen verursachen. Selbst bei nikotinfreien Vapes inhaliert der Konsument Chemikalien, die beim Erhitzen des Geräts freigesetzt werden, etwa Aluminium, Kupfer und Blei. In vielen Ländern außerhalb der Vereinigten Staaten wird die Herstellung von E-Zigaretten und Vapes nicht reguliert, was die Risiken für die Konsumenten in diesen Ländern weiter erhöht.
Eine Gewohnheit auf dem Vormarsch
Noch besorgniserregender als die Tatsache, dass über die Langzeitfolgen des Konsums von Vapes und E-Zigaretten so wenig bekannt ist, ist deren wachsende Beliebtheit insbesondere bei Jugendlichen und Heranwachsenden. Im Rahmen der CTADS-Studie12, einer alle zwei Jahre in Kanada durchgeführten Befragung zum Konsum von Tabak, Alkohol und Drogen, kam heraus, dass 23 % aller Schülerinnen und Schüler zwischen der siebten und der zwölften Klasse mindestens einmal Vapes oder E Zigaretten probiert hatten. 10 % gaben an, in den letzten 30 Tagen „gedampft“ zu haben. Des Weiteren erklärten 53 % der Schülerinnen und Schüler, es sei „ziemlich einfach“ oder „sehr einfach“, an Vapes oder E-Zigaretten zu kommen.
Was bisher bekannt ist
Auch wenn offizielle Stellen zu den Langzeitfolgen noch keine Aussagen treffen können, deuten bisherige Forschungsergebnisse darauf hin, dass Vapes und E Zigaretten schlecht für die Mundgesundheit sind. Auch wenn sie eine Verbesserung gegenüber herkömmlichen Zigaretten darstellen, sind sie sicherlich kein Allheilmittel ohne Risiken und gesundheitliche Folgen. Vor allem ist jedoch gesichert, dass die Mundgesundheit für den gesamten Körper eine wichtige Rolle spielt: Gesundheit beginnt im Mund. Klicken Sie hier, um mehr darüber zu erfahren, wie Sie Ihre Zähne und Zahnfleisch gesund halten können, wie Sie ein strahlendes Lächeln bekommen und was Sie gegen die Flecken tun können, die jahrelanger Nikotin- und/oder Tabakkonsum hinterlassen haben.
Literatur
1. Irusa KF, Finkelman M, Magnuson B, Donovan T, Eisen SE. A coparison of caries risk between patients who use vapes or electronic cigarettes and those who do not: A cross-sectional study. J Am Dent Assoc. 2022;153(12):1179-1183. Doi:10.1016/j.adaj.2022.09.013
2. Holliday R, Chaffee BW, Jakubovics NS, Kist R, Preshaw PM. Electronic Cigarettes and Oral Health. J Dent Res. 2021;100(9):906-913. doi:10.1177/00220345211002116
3. Yang I, Sandeep S, Rodriguez J. The oral health impact of eletcronic cigarette use: a systematic review [published correction appears in Crit Rev Toxicol. 2020 Feb;50(2):188. doi:10.1080/10408444.2020.1713726
4. Liu X, Lu W, Liao S, et al. Efficiency and adverse events of electronic cigarettes: A systematic review and meta-analysis (PRISMA-compliant article). Medicine (Baltimore). 2018;97(19):e0324. Doi:10.1097/MD.0000000000010324
5. King JL, Reboussin BA, Wiseman KD, et al. Adverse symptoms users attribute to e-cigarettes: Results from a national survey of US adults. Drug Alcohol Depend. 2019;196:9-13 doi:10.1016/jdrugalcdep.2018.11.030
6. ArRejaie AS, Al-Aali KA, Alrabiah M, et al. Proinflammatory cytokine levels and peri-implant parameters among cigarettes smokers, individuals vaping electronic cigarettes, and non-smokers. J Periodontol. 2019;90(4):367-374. Doi:10.1002/JPER.18-0045
7. Javed F, Abduljabbar T, Vohra F, Malmstrom H, Rahman I, Romanos GE. Comparison of Periodontal Parameters and Self-Perceived Oral Symptoms Among Cigarettes Smokers, Individuals Vaping Electronic Cigarettes, and Never-Smokers. J Periodontol. 2017;88(10):1059-1065. doi:10.1902/jop.2017.170197
8. Mokeem SA, Alasqah MN, Michelogiannakis D, Al-Kheraif AA, Romanos GE, Javed F. Clinical and radiografic periodontal status and whole salivary cotinine, IL-1b and IL-6 levels in cigarette-and waterpipe-smokers and E-cig users. Environ Toxicol Pharmacol. 2018;61:38-43. doi:10.1016/j.etap.2018.05.016
9. BinShabaib M, ALHarthi SS, Akram Z, et al. Clinical periodontal status and gingival crevicular fluid cytokine profile among cigarette-smokers, electronic-cigarette users and never-smokers. Arch Oral Biol. 2019;102:212-217. doi:10.1016/j.archoralbio.2019.05.001
10. ALHArthi SS, BinShabaib M, Akram Z, Rahman I, Romanos GE, Javed F. Impact of cigarette smoking and vaping on the outcome of full-mouth ultrasonic scaloing among patients with gingival inflammation: a prospective study. Clin Oral Investig. 2019;23(6):2751-2758. doi:10.1007/s00784-018-2725-2
11. Ghazali AF, Ismail AF, Faisal GG, Halil MHM, Daud A. Oral Health of Smokers and E-Cigarette Users ACase-Control Study. Journal of International Dental and Medical Research. 2018;11(2):428-432.
12. CSTADS was developed to provide timely, reliable and continual monitoring of tobacco, alcohol and drug use in school-aged youth. CSTADS provides essential input to the development of policies and programs. The next survey is expected to be carried out during the 2023-24