Von Dr. Jörn Noetzel

Polymerisationslampen gehören seit Längerem zur Grundausstattung einer Zahnarztpraxis und kommen täglich zum Einsatz – bei der Lichtpolymerisation von Kompositfüllungen, der adhäsiven Eingliederung vollkeramischer Restaurationen, der Infiltration initialer kariöser Läsionen, der Aushärtung von flüssigem Kofferdam oder beim Anbringen von Brackets in der kieferorthopädischen Behandlung. Daher ist es entscheidend, ein zuverlässig funktionierendes Produkt zur Verfügung zu haben. Im Folgenden werden die Erfahrungen von zehn Jahren Nutzung zweier VALOTM Polymerisationsleuchten beschrieben.

 

Einleitung

Nach den Halogen- und Plasmalampen früherer Jahre sind seit einiger Zeit Produkte von verschiedenen Herstellern erhältlich, die die LED-Technologie (Licht emittierende Dioden) als Lichtquelle verwenden. Auch die Firma Ultradent Products (Köln, Deutschland) ist seit 2009 mit der VALO Polymerisationsleuchte auf dem Markt vertreten. Zum damaligen Zeitpunkt wurde nur eine Variante mit Kabel und Netzteil angeboten. Im Jahre 2011 ist die kabellose VALO Cordless eingeführt worden. Sie bietet dieselben Leistungsdaten und Programmiermöglichkeiten und ist mit zwei Lithium-Ionen-Akkus ausgestattet. 2016 komplettierte die VALO Grand (zunächst als Cordless-Variante, ab 2019 auch kabelgebunden) die Produktlinie, die eine um 50 % größere Linse besitzt.

 

Technische Beschreibung und Eigenschaften

Bei unserer Praxisübernahme im Jahr 2010 stand die Frage im Raum, für welche Polymerisationslampe wir uns entscheiden sollen. Eine Lampe mit LEDs als Lichtquelle wurde vor allem wegen der geringeren Wärmeentwicklung und der längeren Lebensdauer bevorzugt. Relativ schnell fiel die Wahl auf die VALO – damals wie erwähnt nur mit Kabel erhältlich. Jedoch würde die Entscheidung heutzutage vermutlich nicht anders ausfallen, da das Kabel im Alltag weder vom Behandler noch von der Assistenz als störend empfunden wird. Es ist verhältnismäßig dünn und dadurch leicht und sehr flexibel. Darüber hinaus ist die kabelgebundene Variante aufgrund des fehlenden Akkus die leichteste. Die Masse beträgt lediglich 115 g (zum Vergleich: VALO Cordless 170 g), und durch das schlanke Design liegt sie beinahe ähnlich einem Füllfederhalter in der Hand. Zudem muss bei der kabelgebundenen Variante nicht auf ein rechtzeitiges Aufladen geachtet werden. Allerdings sind die eben genannten Vorteile eher als subjektiv anzusehen; andere Behandlerinnen und Behandler favorisieren kabellose technische Geräte.

Ein bedeutender Aspekt bei der Entscheidungsfindung war die geringe Höhe des Leuchtenkopfes (11,4 mm). Diese wird durch einen Verzicht auf einen Lichtleiter und den direkten Einbau der LEDs im Kopf erzielt. Somit ist eine suffiziente Lichthärtung in schwer zugänglichen Bereichen wie im hinteren Molarenbereich problemlos möglich. Da der Austrittswinkel des Lichtstrahls 85° beträgt, ist auch bei applizierter Segmentmatrize der zervikale Anteil im mesialen Approximalkasten einer Seitenzahnkavität durch eine entsprechende Positionierung der Lampe sicher erreichbar (Abb. 1). Bei Lampen mit Lichtleitern beträgt die Abwinkelung oftmals nur etwa 60°, was verbunden mit der größeren Bauhöhe zu Problemen führen kann.Fig1-1

Abb. 1: Die schlanke Form und der niedrige Leuchtenkopf ermöglichen auch im Bereich der hinteren Seitenzähne eine suffiziente Polymerisation.

Ein weiteres wichtiges Argument war die Breitband-Technologie der VALO. In der Anfangszeit waren einige LED-Lampen kritisch zu betrachten, da sie nur ein begrenztes Lichtwellenspektrum aufwiesen. Die Verwendung von vier LEDs, die gemeinsam ein Spektrum von 385 bis 515 nm (nach ISO 10650:2018) abdecken, ermöglicht die Aktivierung aller dentalen Photoinitiatoren und damit die Aushärtung aller momentan erhältlichen Komposite. Die höchste Effektivität erreicht die VALO im Bereich von 385 bis 415 nm (unteres Wellenlängenband), bei 420 bis 450 nm (mittleres Wellenlängenband) sowie zwischen 440 und 515 nm (oberes Wellenlängenband, Abb. 2). Typische Initiatoren und deren Absorptionsmaxima sind derzeit: Campherchinon (λmax = 468 nm), Diphenyl(2,4,6-trimethylbenzoyl)phosphinoxid (Lucirin® TPO, λmax = 385 nm), 1-Phenyl-1,2-propandion (PPD, λmax = 393 nm), Irgacure® 819 (λmax = 397 nm), Ge-3 (Ivocerin®, λmax = 408 nm).Fig2_DE

Abb. 2: Darstellung der effektiven Wellenlängenbereiche zur Aushärtung von Kompositen (Ultradent Products 2009).

Die VALO benötigt kein Gebläse, was im klinischen Alltag durch die absolute Geräuschlosigkeit positiv auffällt. Die große Oberfläche des massiven, aus einem Stück gefrästen Aluminiumgehäuses, in das der LED-Chip eingepresst ist, leitet die Wärme ähnlich dem Prinzip von Kühlrippen bei elektronischen Geräten nach außen ab. Jedoch ist davon im klinischen Alltag in der Hand nichts zu spüren. Durch dieses System besitzt die VALO keine Lüftungsschlitze und ist vollkommen geschlossen – aus hygienischer Sicht ein großer Vorteil. Die Lampe kann damit nach jeder Nutzung mühelos und suffizient wischdesinfiziert werden. Zusätzlich wird in unserer Praxis bei jeder Patientin/jedem Patienten eine Schutzhülle aus Klarsichtfolie (VALO Disposable Barrier Sleeve) verwendet, die den Hygienestandard noch einmal erhöht und zugleich die Lampe vor Beschädigungen und Verschmutzungen schützt (Abb. 3 und 4).Fig3-1

Abb. 3: Auch nach über zehnjähriger täglicher Nutzung und konsequenter Wischdesinfektion nach jeder Behandlung zeigen sich beide Lampen äußerlich in einwandfreiem Zustand. Bei der oberen VALO ist die übergestreifte Schutzhülle erkennbar.

Fig4-1

Abb. 4: Die Schutzhüllen sind in Verpackungen mit jeweils 500 Stück erhältlich.


Testergebnisse und Erfahrungen

Anlässlich dieses Erfahrungsberichtes wurde retrospektiv die bisherige Nutzungsdauer anhand der in der Abrechnungssoftware unserer Praxis erfassten Behandlungsdaten geschätzt. Wir verwendeten beide Lampen nahezu ausschließlich im Standard-Modus (1000 mW/cm2) für maximal 20 s. Allerdings wurde dieser Zyklus beispielsweise beim Aushärten des Befestigungskomposites bei Inlays, Teilkronen und Kronen bis zu sechsmal direkt hintereinander (ohne nennenswerte Pause) angewandt, während bei Füllungen die Polymerisation schrittweise nach der Applikation einer jeden Kompositportion erfolgte. Dahingegen konnte die Aushärtung eines Adhäsivsystems oder von flüssigem Kofferdam zur zusätzlichen Abdichtung bei bereits appliziertem Spanngummi auch mal eine Zeitspanne von lediglich 10 bis 15 s in Anspruch nehmen. Unter Berücksichtigung der genannten Variablen wurde ermittelt, dass die Lampe 1 in dem Zeitraum von Juni 2010 bis Juli 2020 insgesamt etwa 744 h lang genutzt worden ist, Lampe 2 rund 658 h.

Im Juli 2020 wurden beide Lampen der Firma Ultradent zugesandt und dort ausgiebig geprüft. Das Verfahren, auf dem die Messungen basierten, war das MARC®-System (BlueLight Analytics®). Es ist eine wissenschaftlich anerkannte Prüfmethode zur Messung der Lichtleistung (physikalisch korrekt: Bestrahlungsstärke) und Wellenlänge von Polymerisationslampen. Es ist für Laboruntersuchungen theoretischer Art und darüber hinaus zur Simulation von klinischen Situationen konzipiert. Für Letztere insbesondere deshalb, weil die Leistung an der Stelle gemessen wird, wo sie in der Kavität benötigt wird; sowohl bei einer Frontzahn- als auch bei einer Seitenzahnkavität. Die Lichtleistung beider Lampen übertraf bei dieser Untersuchung auch nach über zehn Jahren täglicher Nutzung zum Teil deutlich den Sollwert. Lediglich die Lampe 1 verfehlte im Modus „Xtra Power“ den Sollwert von 3200 mW/cm2 um 6,9 % (Tab. 1). 

Tab. 1: Testergebnisse (Mittelwerte) zur Lichtleistung beider Lampen im Juli 2020

 

Lampe 1

Lichtleistung (mW/cm2)

Lampe 2

Lichtleistung (mW/cm2)

Sollwert

Lichtleistung (mW/cm2)

Standard Mode

(10 sec)

1.210

1.286

1.000

High Mode

(4 sec)

1.816

1.904

1.400

Xtra Power Mode

(3 sec)

2.978

3.333

3.200

 

Das Wellenlängenspektrum wurde in allen drei Leistungsmodi untersucht. Dabei erfolgte die Messung der Strahlungsleistung in Abhängigkeit von der Wellenlänge, wodurch sich bei Eintragung der gewonnenen Daten in ein entsprechendes Diagramm Kurvenverläufe ergeben. Die Messung wurde zwei Sekunden nach dem Einschalten der jeweiligen Lampe vorgenommen. Auch bei diesem Test lagen die Ergebnisse beider Lampen oberhalb der Sollwerte (Abb. 5 und 6).Fig5

Abb. 5: Testkurve der Lampe 1; Strahlungsleistung in Abhängigkeit von der Wellenlänge (rot: Xtra Power Mode, blau: High Power Mode, grün: Standard Power Mode).

Fig6

Abb. 6: Die Werte der Strahlungsleistung lagen bei der Lampe 2 geringfügig über denen der Lampe 1.

Bei einer VALO Leuchte musste im Jahre 2019 ein Kabel wegen eines Bruches ausgetauscht werden. Vermutlich entstand dieser Defekt durch mehrfaches versehentliches Überrollen mit einem Stuhl. Dieser Vorfall wäre natürlich bei der kabellosen Variante nicht aufgetreten. An den Lampen selbst waren dahingegen bisher keinerlei Reparaturen notwendig; es kam zu keiner Zeit zu Funktionsausfällen. Die robusten und pflegeleichten Aluminiumgehäuse sind nach wie vor nahezu frei von Gebrauchsspuren (Abb. 3).


Fazit

Die beiden in unserer Praxis seit über zehn Jahren im Einsatz befindlichen kabelgebundenen VALO Polymerisationsleuchten verrichteten bisher fehlerfrei ihren Dienst. Die technische Überprüfung der Leistungsdaten nach dieser Gebrauchsperiode bestätigte die einwandfreie Funktionstüchtigkeit. Die schlanke Form, das geringe Gewicht, der abgeflachte Leuchtenkopf, der annähernd rechtwinklige Lichtaustritt und das stabile, vollständig geschlossene und damit einfach zu reinigende Gehäuse erwiesen sich im täglichen Gebrauch als äußerst vorteilhaft. Diese Eigenschaften und nicht zuletzt das ansprechende Design führen zu einem hervorragenden Gesamteindruck der VALO Polymerisationsleuchte.


Danksagung

Der Firma Ultradent Products danke ich für die kostenlose Durchführung der Prüfverfahren beider Lampen. Bei Herrn Sven Kirch, Geschäftsführer der Jan Langner GmbH (Schwäbisch Gmünd, Deutschland), bedanke ich mich für die Zurverfügungstellung des Fototisches (Abb. 3 und 4).

 

Über den Autor

  • 1994-1999 Studium der Zahnmedizin am Universitätsklinikum Charité der Humboldt-Universität zu Berlin
  • 2000-2001 Ausbildungsassistent in privater Zahnarztpraxis in Berlin
  • 2001-2010 Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Charité - Universitätsmedizin Berlin, Abteilung für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie
  • 2010 Niederlassung in eigener Praxis in Mutlangen
  • 2010 Ernennung zum Spezialisten in Endodontologie der DGZ und nachfolgend der DGET
  • zahlreiche Vorträge und Präsentationen auf nationalen und internationalen zahnärztlichen und wissenschaftlichen Kongressen, etwa 200 Vorlesungen und Seminare für Studenten, über 40 Publikationen in nationalen und internationalen Fachzeitschriften
  • mehrere Auszeichnungen: u. a. 2005 und 2010 Jahresbestpreis der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung, 2009 Robert-Frank-Award, 2011 Hochschulpreis Endodontische Kasuistik, 2019 Praxis Plus Award, seit 2012 jährlich Top-Mediziner (FOCUS Gesundheit)

Dr. Noetzel

Dr. med. dent. Jörn Noetzel
Zahnarztpraxis Gerner & Noetzel

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