Von Daniel Lewis

Durch die Entwicklungen rund um COVID-19 wird branchenübergreifend und proaktiv nach Möglichkeiten gesucht, das Geschäftsleben aufrechtzuerhalten. Daher hat die Pandemie mittlerweile zu einer globalen „Tele-“ und Digitalisierungswelle geführt. Berufstätige sind zur Telearbeit übergegangen, Freunde bleiben online in Kontakt und Ärzte verlassen sich auf die Telemedizin, um ihre Patienten zu betreuen. Zahnärzte stoßen in dieser „Telewelt“ allerdings an bestimmte Grenzen, da die Versorgung der Patienten in der Regel eine persönliche Betreuung erfordert. „Wird eine Füllung benötigt, führt kein Weg an einem persönlichen Zahnarztbesuch vorbei“, so Dr. Christine May, Behandlerin in Australien und Gründerin des Marktplatzes für virtuelle Zahnmedizin ViDe. „Momentan sind wird nicht in der Lage, telemedizinisch per Robotertechnik zu behandeln. Vielleicht können wir das in zehn Jahren, aber noch sind wir nicht so weit“, lacht sie und fügt anschließend hinzu: „Ich bin überzeugt, dass die virtuelle Zahnmedizin die herkömmlichen zahnmedizinischen Behandlungsmethoden radikal verändern wird.“

Trotz der immanenten Einschränkungen erfreut sich die virtuelle Zahnmedizin bei Behandlern, die für ihre Patienten erreichbar bleiben wollen, zunehmender Beliebtheit. Nicht nur während einer globalen Pandemie bieten virtuelle Beratungen eine neue Art der Patientenbetreuung. Vielmehr eignen sie sich auch für Patienten, die mit geografisch/situativ bedingten Hürden konfrontiert sind und für diejenigen, die sich an den Komfort der digitalen Technologien gewöhnt haben.

„Das ist wie mit der Selbstbedienung an der Kasse. Man kann sich für den Kassierer entscheiden. Das kann gut sein kann, wenn man einen vollen Einkaufswagen oder besondere Anforderungen hat“, meint May. „Aber wenn man schnell fertig werden und mehr Kontrolle haben möchte, dann kann es an der Selbstbedienungskasse schneller gehen.“

Die nächste Generation der zahnmedizinischen Versorgung

Zunächst mag der digitale Kontakt im traditionellen Sinne der Zahnmedizin nicht ideal sein. Allerdings ist bei Videoanrufen ein hohes Maß an Interaktion und Betreuung gewährleistet. Das können Telefongespräche nicht leisten. „Eine Videosprechstunde ermöglicht den persönlichen Kontakt, ohne dass man sich vor Ort treffen muss - und das ist sehr wichtig“, so May. „... Stellen Sie den [Patienten] alle Fragen, die Sie auch bei einem normalen Präsenztermin stellen würden und halten Sie die Informationen später in Ihrer Praxismanagement-Software fest. Danach können Sie überlegen, welches Vorgehen am sinnvollsten ist und welche weiteren Schritte im Sinne des Patienten ergriffen werden müssen.“

Der Prozess der virtuellen Beratung lässt sich optimieren, wenn Patienten die Möglichkeit erhalten, vorab Informationen zu senden. Schicken Patienten vor der Beratung ausgefüllte Anamnesebögen und Selfies, welche die Problembereiche visualisieren, kann ein effizientes und produktives Gespräch stattfinden. „Der Patient hat sich im Vorfeld bereits mit bestimmten Themen beschäftigt. Er hatte Zeit, seine Medikamentenliste, oder was er sonst noch benötigt, zu besorgen“, so May. Kennt ein Behandler das Anliegen vorab, kann er die Zeit mit dem Patienten sinnvoller nutzen, als wenn er ohne Hintergrundwissen in das Gespräch gehen würde.

Patient care

Die Einbindung der virtuellen Zahnmedizin in die Praxis kann ein wichtiger Baustein der Patientenkommunikation und -versorgung sein.

Virtuelle Zahnmedizin - ein Leitfaden für Ihre Patienten

Viele Zahnarztpraxen haben bereits im März vergangenen Jahres angefangen, Videosprechstunden und Videotermine anzubieten. Es ist wichtig, nicht nur über dieses Angebot zu sprechen, sondern den Patienten einen Leitfaden für die praktische Umsetzung an die Hand zu geben. Andernfalls riskieren Sie, dass weniger technikaffine oder ältere Menschen abgeschreckt werden, weil sie nicht wissen, wie sie vorgehen sollen. Dabei ist es wirklich ganz einfach: Alles, was die Patienten brauchen, ist ein Smartphone, ein Tablet oder einen Computer mit Kamera und Mikrofon. „Der Termin kann per Telefon, E-Mail oder auch über die Social Media Kanäle der Praxis vereinbart werden. Anschließend erhält der Patient einen Link, die Zugangsdaten sowie weitere Anweisungen“, so Dr. Verena Freier aus Bad Soden, die diesen neuen Ansatz erfolgreich anwendet. Achten Sie darauf, dass Sie die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) einhalten.

Example Dr. FreierDr. Verena Freier aus Bad Soden zeigt, wie virtuelle Zahnmedizin genutzt werden kann. Schon zu Beginn der Corona-Krise postete sie auf Facebook, dass sie für ihre Patienten eine Videosprechstunde anbietet, wenn persönlichen Termine nicht unbedingt erforderlich sind.

Die virtuelle Zahnmedizin hilft, geografische Grenzen und Zugangsbarrieren zu überwinden. Dies ist nicht nur während der COVID-19-Pandemie hilfreich, sondern generell für diejenigen, die nur unter erschwerten Bedingungen Zugang zu einer zahnmedizinischen Versorgung haben. „Je nach Wohnort müssen Patienten weite Wege zurücklegen, um sich zahnärztlich behandeln zu lassen“, erklärt May im Hinblick auf die Bevölkerung in ländlichen/abgelegenen Gebieten. Auch für ältere Menschen bieten virtuelle Beratungen zahlreiche Vorteile. „Eine virtuelle Beratung trägt in erheblichem Maße zur Stressreduktion bei: die Patienten erhalten alle relevanten Informationen sofort und können dann abwägen, ob es sich lohnt, den weiten Weg zur Praxis zurückzulegen.“

Nutzen Sie die virtuelle Zahnmedizin in Ihrer Praxis, können Sie besser mit Ihren Patienten interagieren, sowohl während der COVID-19-Krise als auch danach. Patienten gewöhnen sich an die Einfachheit digitaler Interaktionen und viele bevorzugen diese Art der Beratung – aus Bequemlichkeit und um den Aufwand gering zu halten (z. B. in ländlichen Gegenden). Suchtrends von Google zeigen, dass das Interesse an der virtuellen Zahnmedizin in letzter Zeit enorm gestiegen ist. Behandlern wie Dr. May zufolge wird dieser Trend auch noch Zeit nach der COVID-19-Pandemie andauern.