Rafael S. Beolchi(a), DDS, MSc

Carlos Shimokawa(b), DDS, MSc, PhD

Bruno Pelissier(c), MCU-PhD

 

(a) Universität São Paulo, Zahnmedizinische Fakultät, São Paulo, São Paulo, Brasilien.

(b) Universität São Paulo, Zahnmedizinische Fakultät, São Paulo, São Paulo, Brasilien.

(c) MCU-PH, Dentisterie Restauratrice, Service OCE. UFR d’Odontologie de Montpellier I. 545 Avenue du Pr JL Viala. 34193 Montpellier Cedex 5. Laboratoire EA 4203

 

Als Anwender sollte man nie vergessen, dass der Zahnerhaltung oberste Priorität zukommt. Auf Grund der zahlreichen Techniken und Materialien entsteht mitunter der Anschein, dass die restaurative Zahnheilkunde die natürlichen Zähne ersetzen kann. Tatsächlich dient sie aber nur als Ersatzlösung. Schließlich bieten bislang weder die Zahnmedizin noch die Werkstofftechnik ein Material, das besser ist als die natürliche Zahnsubstanz.

Vor diesem Hintergrund sind direkte Komposits nicht nur dank ihrer ästhetischen Eigenschaften von signifikanter Bedeutung. Vielmehr repräsentieren sie eine der minimal-invasivsten Techniken der Zahnmedizin. In der Regel können mit lichthärtenden Komposits exzellente Restaurationen hergestellt werden. Gleichzeitig ist es möglich, die natürliche Zahnsubstanz maximal zu erhalten.

Die korrekte Lichthärtung des Komposits ist eine Grundvoraussetzung für die Langlebigkeit der Restauration.

Dies sollte man sich unbedingt verdeutlichen wenn man sowohl in ästhetischer als auch in funktioneller Hinsicht haltbarere und vorhersagbarere1 Restaurationen herstellen möchte. Bekanntermaßen ist das Erreichen eines hohen Polymerisationsgrads bei Kunststoffkomposits eine der größten Herausforderungen der Lichtpolymerisation – und dabei gleichzeitig eine wichtige Bedingung für langlebige Restaurationen.2

Um besser ausgehärtete Komposits zu schaffen, sind Faktoren wie Leistung, Energiedichte, Lichtkollimation, die Photoinitiatoren des Komposits, die Position und Art der Restauration sowie eine homogene Strahlung ausschlaggebend.

 

Die Grundlagen: Leistung, Belichtungsstärke und Spitzendurchmesser

Bei der Lichtpolymerisation muss ein hoher Konversionsgrad erzielt werden. Schließlich ist eine adäquate Aushärtung die Voraussetzung für den langfristigen Erfolg von Komposits. Eine unzureichende Aushärtung kann zu Misserfolgen führen, wie Undichtigkeiten, Verfärbungen, erhöhte Abrasion und Pulpaempfindlichkeit.

Behandler sollten die elementaren Kompositeigenschaften berücksichtigen, z. B. die Art der enthaltenen Photoinitiatoren3 sowie die Opazität und Farbe des Komposits, da die Lichttransmission und -absorption der verschiedenen lichthärtenden Kompositmaterialien unterschiedlich ist. Allgemein gilt, dass das Komposit umso mehr Licht benötigt, je opaker und farbiger es ist.4

 

Bei Polymerisationsleuchten spielt die in Watt (W) ausgedrückte Leistung eine wichtige Rolle. Betrachtet man eine bestimmte Fläche, wird der Begriff Leistungsdichte verwendet. Die Leistungsdichte, welche auch als Belichtungsstärke oder Lichtintensität bezeichnet wird, wird in der Regel in mW/cm² angegeben.

 

Zunächst ist es wichtig, den Spitzendurchmesser der verwendeten Polymerisationsleuchte zu kennen. Der Grund dafür ist, dass bei manchen Fabrikaten immer wieder eine Art Kniff angewandt wurde, um die Angaben zu erhöhen: Anstatt die Nennleistung zu erhöhen, wurde die Spitze verkleinert, oder anders gesagt, die scheinbare Belichtungsstärke wurde durch den Einsatz einer kleineren Spitze erhöht. Um die komplette Restauration abzudecken, müssen viele kleinere Polymerisationsleuchten allerdings mehrmals betätigt werden, während bei Lampen mit einem größeren Belichtungsbereich eine, oder ggf. zwei Anwendungen, ausreichen (Abbildungen 1 und 2).

 

Fig 1

Abbildung 1: Um größere Kavitäten adäquat auszuhärten, erfordern Polymerisationsleuchten mit kleineren Spitzendurchmessern mehrere Anwendungen. Außerdem ist es wichtig, die Strahlhomogenität zu kennen, um zu verstehen, wie das Komposit ausgehärtet wird.

Fig 2aAbbildung 2a 

Fig 2bAbbildung 2b

Abbildung 2 (a, b). Abbildung 2a zeigt die VALO Grand Polymerisationsleuchte. Im Vergleich zu einer normalen Leuchte (Abbildung 2b) kann ihr größerer Durchmesser die gesamte bukkale Fläche eines Frontzahns abdecken.

Dem Total Energy Concept5, 6 zufolge hängt der Lichtpolymerisationsprozess von der, durch den Kunststoff absorbierten, Energie ab und kann unter dem Produkt aus Lichtintensität und Belichtungszeit zusammengefasst werden. Zum Beispiel: 20 Sekunden bei einer Lichtintensität von 800 mW/cm² = 20 Sekunden x 800 mW/cm² = 16.000 mJ/cm² oder 16 J/cm².

 

In der wissenschaftlichen Literatur herrscht Uneinigkeit über die Energiemenge, die für die ordnungsgemäße Aushärtung von Komposits erforderlich ist. In einigen Studien7 wird angegeben, dass die erforderliche Dosis, um ein ausgehärtetes Komposit mit guten mechanischen Eigenschaften zu erhalten, mindestens 24 J/cm²́ betragen sollte. Dies ist jedoch kein absoluter Wert, er ist von Komposit zu Komposit verschieden8 und hängt vor allem von Typ, Farbe, Transluzenz und den vorliegenden Photoinitiatoren ab. Heute werden 16 J/cm² als notwendig erachtet, um ein Inkrement von 2 mm Komposit vollständig zu polymerisieren,9, 10 auch wenn dieser Wert in manchen Fällen niedriger sein könnte.

 

Lichterzeugung vs. Lichtabgabe

Wie bereits erwähnt, ist es obligatorisch zu wissen, welche Lichtmenge erzeugt wird. Außerdem ist ein Verständnis darüber, wie das Licht in die Kavität abgegeben wird, unerlässlich. Die Lichtverbreitung beim Austritt aus der Spitze wird als Kollimation bezeichnet und sollte bei der Aushärtung von Materialien in Kavitäten (z. B. Klasse I und II) Berücksichtigung finden.11

Die an der Spitze abgegebene Leistungsdichte kann stark von der Energiemenge abweichen, die tatsächlich an tiefere Kavitäten abgegeben wird. Daher muss unbedingt sichergestellt werden, dass auch die tieferen Schichten des Komposits richtig ausgehärtet werden. Der Unterschied zwischen den beiden Energiewerten ist speziell dann elementar, wenn der Abstand zwischen der Spitze der Polymerisationsleuchte und der Restauration zunimmt. Schließlich kann der tiefste Punkt einer normalen Klasse II Restauration 8 mm oder noch tiefer liegen.

Eine Polymerisationsleuchte sollte nicht nur leistungsstark sein und eine breite Wellenlänge des Lichts emittieren. Idealerweise sollte sie auch den Großteil des erzeugten Lichts effektiv durch die gesamte Restauration leiten. Aufgrund der Lichtstreuung aber erreicht mit zunehmendem Abstand von der Spitze nicht die ganze Lichtmenge ihr Ziel. Je nach Typ und Bauweise des Geräts kann es große Unterschiede geben. Fast alle Herstellerangaben hinsichtlich der Leistungsabgabe der Geräte beziehen sich jedoch auf das an der Spitze emittierte Licht.

In einem Artikel12 wurde der Leistungsverlust von drei zahnärztlichen Polymerisationsleuchten von der Licht emittierenden Spitze bis zum auszuhärtenden Bereich, unter Anwendung von drei verschiedenen Abständen, bewertet.

Es wird deutlich, dass die Belichtungsstärke aller drei Geräte mit zunehmendem Abstand abnimmt. Ein Gerät (VALOTM LED-Polymerisationleuchte von Ultradent Products Inc.) zeigte jedoch eine bessere Kollimation.

Abbildung 3 zeigt die Kollimation der einzelnen Polymerisationsleuchten in einem dispersen wässrigen Medium. Die Abbildung veranschaulicht das Konzept der Kollimation sowie den Belichtungsbereich jedes Geräts bei verschiedenen Abständen.

Fig. 3

Abbildung 3: Die Lichtkollimation der einzelnen Polymerisationsleuchten.

Obwohl alle drei Leuchten in einem bestimmten Bereich sehr ähnliche Leistungen erzeugen (ca. 1.700 mW/cm²), nimmt die Strahlenkonzentration mit zunehmendem Abstand ab. Der Hauptgrund, warum das Licht bei der VALO Polymerisationsleuchte stärker gebündelt ist, ist das Design der Spitze. Dies erklärt auch, warum die anderen Polymerisationsleuchten das Licht nicht so gut fokussieren wie die VALO. Eine Linse an der Spitze sorgt dafür, dass sich das Licht nicht ausbreitet (Abbildung 4).

Fig. 4a

Abbildung 4a

Fig. 4b

Abbildung 4b

Abbildung 4 (a, b): Die Linse der VALO, isoliert bzw. montiert.

Fig. 4c

Abbildung 4c: Funktionsweise der VALO Linse.

Die anderen Spitzen waren klassische Glasfaserspitzen und eine Kunststofflinse (Abbildungen 5 und 6). Die Kunststofflinse bewirkte das Gegenteil der Lichtkollimation: Sie streut das Licht - was genau vermieden werden sollte - vor allem dann, wenn zwischen dem Gerät und dem Kavitätenboden ein Abstand besteht.

Fig. 5

Abbildung 5: Eine Glasfaserspitze.

Fig. 6aAbbildung 6a

Fig. 6bAbbildung 6b

Abbildung 6 (a, b): Zwei verschiedene Kunststoffspitzen.

Um zu verstehen, wie sich dies auf die tägliche Arbeit auswirkt, soll auf Basis der Studieninformationen die Gesamtzeit berechnet werden, die notwendig ist, um den Wert von 16 J/cm² zu erreichen. Bei 0 mm war die notwendige Zeit bei allen Polymerisationsleuchten sehr ähnlich; sie lag zwischen 9,58 und 8,7 Sekunden. Dies entspricht einem Unterschied von nur 0,88 Sekunden.

Bei 8 mm zeigten die Werte eine Abweichung von bis zu 49,55 Sekunden für die Radii-cal und 16,01 Sekunden für die VALO.

 Fortsetzung folgt...


 

Literatur

1 Price, R.B.; McLeod, M. E.; Felix, C. M. Quantifying Light Energy Delivered to a Class I Restoration J Can Dent Assoc 2010; 76:a23

2 Price R.B., Felix C.A. Effect of delivering light in specific narrow bandwidths from 394 to 515nm on the microhardness of resin composites Dental Materials 2009 25(7) 899- 908

3 Rueggeberg FA. State-of-the-art: dental lightcuring - a review. Dent Mater. 2011 Jan;27(1):39-52. Review.

4 Hyun HK, Christoferson CK, Pfeifer CS, Felix C, Ferracane JL. Effect of shade, opacity and layer thickness on light transmission through a nano-hybrid dental composite during curing. J Esthet Restor Dent. 2017 Sep;29(5):362-367. doi: 10.1111/jerd.12311. Epub 2017 Jun 19.

5 Halvorson RH, Erickson RL, Davidson CL. Energy dependent polymerization of resin-based composite. Dent Mater. 2002 Sep;18(6):463-9.

6 Koran P, Kürschner R. Effect of sequential versus continuous irradiation of a lightcured resin composite on shrinkage, viscosity, adhesion, and degree of polymerization. Am J Dent 10, 17–22 (1998)

7 Fróes-Salgado NR, Francci C, Kawano Y. Influência do modo de fotoativação e da distância de irradiação no grau de conversão de um compósito. Perspect Oral Sci 2009 Ago; 1(1):11-17.

8 Kelsey W, Blankenau RJ, Powell GL, Barkmeyer W, Stormberg E. Power and time requirements for using the argon laser to polymerize composite resins. J Clin Laser Med Surg 1992;10:273–8.

9 Benetti AR, Asmussen E, Peutzfeldt A. Influence of curing rate of resin composite on the bond strength to dentin. Oper Dent. 2007 Mar-Apr;32(2):144-8.

10 Pfeifer CS, Ferracane JL, Sakaguchi RL, Braga RR. Photoinitiator content in restorative composites: influence on degree of conversion, reaction kinetics, volumetric shrinkage and polymerization stress. Am J Dent. 2009 Aug;22(4):206-10.

11 Rode KM, Kawano Y, Turbino ML. Evaluation of curing light distance on resin composite microhardness and polymerization. Oper Dent. 2007 Nov-Dec;32(6):571-8.

12 Beolchi RS, Garófalo JC, Forti W, Palo RM. O seu fotopolimerizador está preparado para os novos materiais? Revista APCD de Estética 2013;v.1(3) p. 240-250.